Zwei Jahre ist es her, das wir Deutschland mit praktisch niegelnagelneuen Reifen verlassen hatten. Jetzt sind sie runter, das Profil ist an vielen Stellen schon vollständig abgefahren, der Bus bekommt also 4 neue Schlappen. Kosten hier so viel wie in deutschland exakt zwei Paar Schuhe. Ausserdem werden hier die Innenseiten der Felgenränder geschliffen. Durch den vielen Rost entwich die Luft aus den Reifen und die Dinger alle zwei Tage von Hand aufzupumpen, macht auf Dauer keinen Spass. Mit abmontierten Reifen können wir auch den Riss in der Vorderachse in seiner vollen Grösse begutachten. Sieht nicht so toll aus, was?
Auf den ersten Blick verrottet hier in Puerto Rawson der Stolz der argentinischen Fischfangflotte. Einige Schiffe liegen bei Ebbe befremdlich schief im Hafen auf Grund. Im Windschatten der Boote dösen ein paar Seelöwen wartend auf die Ankunft weiterer Boote. Sie haben gelernt, das sie hier im Hafen den Fisch nicht jagen müssen. Es ist viel bequemer auf die, von den Booten geworfenen, Reste zu warten und sich darum zu streiten.
Leider ist eben Ebbe und somit verpassen wir 50% der Atraktionen von Puerto Rawson. Umso mehr zieht es uns zu den anderen 50% der Atraktionen von Puerto Rawson: Fischrestaurants der gehobenen Klasse. Die meisten Meerestiere kommen direkt aus dem Meer auf den Teller, andere nehmen einen kleinen Umweg durch eine wohlschmeckende Marinade. Köstlich! Wir haben noch nie so gutschmeckende Meerestiere gegessen. Hier geht die Oberschicht essen, für argentinische Verhältnisse ist das Restaurant sehr teuer. Aber der gute Wechselkurs vom Peso zum Euro lässt eben auch abgerissene Langzeitreisende in einem verrosteten VW-Bus vor dem Restaurant parkieren und schmunzelnd an dem Gelage teilhaben. Der erste Teil der Zweijahresfeier, wir nehmen zu...
Weiter geht es die Küste entlang zu einem Strand mit einer kleinen vorgelagerten versteckten Insel. Wer sehr genau hinschaut kann hier mit dem Feldstecher in weiter Ferne unscheinbar, sich vom Kiesstrand wenig hervorhebende, dicke Klumpen liegen sehen. Eine Wanderung am Strand bestätigt das vermutete: hier liegen Seeelefanten und es ist offensichtlich, das diese Tiere schneller vom Fisch zunehmen als wir, was uns ein wenig beruhigt.
Toll ist es hier, wir sind alleine, keine anderen Touristen, keine teuren Massentouren. Dementsprechend nahe kommt man an die Tiere ran, ohne sie zu stören. Ein Jungtier, dessen Pelle bis zum bersten mit Fett gefüllt zu sein scheint, liegt trämend am Strand. Andere Tiere wuchten sich aus dem oder in das Wasser. Nicht wie die Seelöwen, die auf ihren Vorderflossen recht schnell laufen können. Seeelefanten bewegen sich eher wie ein sich rhythmisch kontrahierender und expandierender gefüllter Sack. Langsam, unförmig und schwerfällig - alle Paar Meter wird eine Pause eingelegt.
Geht es aber um die Paarung, werden die Tiere plözlich schnell. Die Weibchen fliehen laut brüllend, doch die Männchen sind oft schneller, packen die Weibchen mit den Zähnen im Nacken und vergewaltigen sie regelrecht. Blut fliest dabei oft und färbt den Kies vom Strand an mancher Stelle rot. Wohl dem, der schläft. Doch wer aus dem Traum erwacht und nichtsahnend in eine Touristenkamera blickt bekommt meist einen riesigen Schreck und rutscht brüllend schnell langsam weg...
Weiter südlich kommen wir nach Punta Tombo zu den Pinguinen. Eine Million Stück sollen hier brüten - die weltgröste Kolonie auf dem Festland. Vor zwei Jahren konnte man noch mit dem Auto direkt an den Tieren vorbeifahren, jetzt hat man auch hier gelernt. Es sind nur noch wenige markierte Wege durch die Pinguinkolonie zum beobachten der Tier freigegeben.
Dennoch kommt man nahe genug an die Pinguine heran, sie queren die markierten Wege, um zu ihren Nestern zu kommen. Diese liegen bis zu einem Kilometer vom Strand entfernt. Ein Pinguin braucht für diesen Weg bis zu einer Stunde. Es kommt eben darauf an, wieviel man unterwegs mit anderen tuschelt. Gegen abend wird es laut in der Kolonie, Pinguine schreien ein bischen so wie Esel und wer hat schon einmal tausende Esel schreine hören...
Kalt ist es geworden, windig und für ein paar Stunden regnet es auch. Die Schotterpisten werden nach kurzer Zeit fast unbefahrbar, gut das wir neue Reifen haben. Es geht jetzt nach Gaiman, eine der ältesten walisischen Siedlungen hier in Argentinien. Die Häuser sehen durchaus walisisch aus und in den Gärten blühen die Rosen. Ein kleiner Campingplatz bei der Feuerwehr lädt mit sehr heissen Duschen zum bleiben ein.
Gaiman ist bekannt für seine Teehäuser. Auch wir kehren ein, zumal die Teehäuser beheizt sind und draussen immer noch ein kalter Wind geht. Hier gibt es Tee soviel man will und dazu eine Kuchenplatte mit walisischen Kuchen. Davon allerdings nicht so viel man will, aber man will auch nicht so viel davon. Denn Waliser gehören zu den Briten und die können bekannterweise nicht kochen und eben auch nicht backen. Unser Fazit: für zwei Stunden in einem beheizten Raum haben wir zu viel bezahlt. Die Duschen am Campingplatz sind deutlich preiswerter, heisser und nebenbei wird man auch noch richtig sauber...
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