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Villarica und Pucon


In San Martin de los Andes füllen wir noch unsere Essensvorräte auf. Das Auffüllen der Spritvorräte gestaltet sich ungleich schwieriger. Alle Tankstellen in San Martin sind leer. Im 45 Kilometer entfernten Junin de los Andes haben wir Glück. Eine von drei Tankstellen hat noch das teure "Podium", ein Spritgemisch der Superlative für umgerechnet 75 Eurocent pro Liter. Zu teuer für den Durchschnittsargentinier, deshalb eben noch vorhanden. Vor zwei Jahren gab es diese Situation an den Tankstellen noch nicht.

Auf die Frage warum die Tankstellen so oft leer sind, meint der Tankwart nur "zu viel Bewegung". Auf jeden Fall scheint uns die Situation hier schon ein kleiner Vorgeschmach von der Zukunft der Erde zu sein - ausverkauft!
Nun wir haben "Podium" im Tank, dessen 100 Oktan dem alten Bulli noch einmal Brachialgewalt verleihen - praktisch Hafer für die 70 altersschwachen Pferdchen im Heck. Sanft werden wir beim Beschleunigen in die Sitze gepresst, die neuen Reifen krallen sich in den Asphalt und wir schiessen in Richtung Chile.

Wir wollen über den "Paso Tromen oder Mamuil Malal". "Oder" nicht weil wir uns nicht entscheiden können, sondern der Pass hat wirklich zwei Namen. Wahrscheinlich weil man alles im Leben von zwei Seiten betrachten kann, genau wie Ying und Yang. Und hier eben von Argentinien oder Chile aus. Kurz vor der Chilenischen Grenze beginnt der Nationalpark Lanin in dem sich der 3776 Meter hohe Vulkan Lanin erhebt - laut Reiseführer einer der schönsten Berge der Welt. Was man mit Druckerschwärze nicht alles behaupten kann...

Am Fusse des Vulkans, etwa einen Kilometer hinter dem Parkeingang, finden wir einen tollen Übernachtungsplatz mitten in einem Aurakarienwald. 36 Grad im Schatten, die Luft ist furztrocken. Wäsche trocknet fast schon während man sie an die Leine pinnt. Aurakarienwälder haben etwas mystisches an sich. Die Dunkelheit schleicht langsam herein und wir geniessen den Ausblich auf den schönsten Berg der Welt bei langsam aufgehenden Mond.
Am nächsten Tag heisst es wieder einmal Esswaren verstecken und die Grenze nach Chile passieren. Die Abfertigung geht schnell, hier ist kaum Verkehr und man sucht auch nicht gross in unserem Bus herum, ist eher begeistert über das fahrende Stückchen Rost. Auf steiler Schotterpiste geht es hinab nach Pucon. Der Ort lebt vom Vulkan Villarica, der sich gleich hinter dem Ort kegelförmig erhebt.

Von Pucon aus führt eine steile Schotterpiste zu einem Aussichtspunkt unterhalb des Vulkans. Rauchwölkchen aus dem Vulkan auf der einen Seite und der weite Blick über den Lago Villarica auf der anderen Seite. Das Schönste aber an diesem Platz ist der rötliche Feuerschein, den man in der Nacht an der Spitze des Vulkankegels sieht. Den ganzen Tag über wandern wir im Nationalpark um den Vulkan herum. Immer wieder ergeben sich tolle Ausbilcke auf die schneebedeckten Andengipfel und auf den rauchenden Vulkan. Und zur Freude von Elias liegt hier auf 1500 Metern Höhe noch Schnee...

Dann heisst es Aufbrechen. Unsere Zeit hier in Südamerika neigt sich langsam dem Ende zu. Wir wollen noch nach Nordostargentinien und Uruguay und dazwischen liegen noch unendliche Kilometer. Viele tolle Strassen sind wir gefahren, viele tolle Gegenden haben wir gesehen. Dazwischen aber ziehen sich die Strassen oft wie Gummibänder durch oft nicht gerade interessante Gebiete - dessen muss man sich bewusst sein. In Villarica sehen wir den Vulcan noch einmal, dann geht es auf der Panamericana nach Mittelchile.

Die Panamericana, oft als Traumstrasse der Welt bezeichnet, ist hier zwischen Temuco und Talca eine gut ausgebaute zweispurige Autobahn. Schnell macht man Strecke. Daführ bezahlt man an unzähligen Stationen Maut und fährt durch langweilige schnellwachsende Baummomokulturen, die irgendwann in Zeitungen oder Klopapier verwandelt werden. In Talca haben wir genug davon, wir biegen wieder Richtung Argentinien ab. Es geht über den Paso Pehuenche, mit 2553 Metern eher eine schlappe Andenüberquerung. Ende September 2007 wollten wir diesen Pass schon einmal fahren, damals war er noch gesperrt.

Jetzt sehen wir warum. Der Bus quält sich durch die von Baumaschinen aufgewühlte Piste, misst sich altersschwach mit japanischen Geländewagen. Die Landschaft ist schön, erinnert uns an den Paso Aqua Negro, eine ähnlich karge und farbenfrohe Gebirgslandschaft. Die Dunkelheit bricht herein und wir übernachten im Niemandsland zwischen der chilenischen und Argentinischen Grenze.

Am nächsten Morgen passieren wir die argentinische Grenzkontrolle. Staunende Augen bei den Grenzern, nicht oft kommen hier wegen der Bauarbeiten Autos vorbei und schon gar keine VW-Busse. Hilfsbereit erledigen die Grenzer den gesamten Papierkram, alles was sonst wir machen müssen. wir sitzen da, schauen zu und erzählen von der Reise. Danach schaut man sich interessiert unseren Bus an, wir können es selbst kaum glauben, dass wir so lange in dieser Enge gelebt haben. Der Startversuch geht, wie so oft, daneben und die Grenzer schieben uns lachend an - bergab in Richtung Argentinien...

In der Nacht zum 24. Dezember kommt dann auch der Weihnachtsmann. Lego bringt er mit, und seine Zipfelmütze hat er im Bus verloren. Elias freut sich sehr und baut den ganzen Tag immer wieder neue Autos und Lastwagen. Am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag regnet es, wir nutzen diese Tage und fahren nach Belgrano. Die Strassen sind leer, Argentinien ist an diesen Tagen fast wie ausgestorben und es gibt wenige Polizeikontrollen.
In Belgrano treffen wir viele andere Reisende. Wir hören Geschichten aus Deutschland und können seit Langem wieder deutsche Zeitungen und Illustrierte lesen. Die Stars und Sternchen wirken unwirklich fremd auf uns. Wird sich Deutschland seit unserer Abreise sehr verändert haben, oder haben wir uns sehr verändert? Wird uns die Freiheit fehlen und uns stattdessen der Konsum und die Hektik erdrücken? Immer öfter hören wir: "Ihr werdet Euch umgucken, wenn ihr wieder nach Deutschland zurückkommt!" Noch nehmen wir es gelassen...

Zum Jahresende noch eine Geschichte von Paulo Coelho:

"Was am Menschen witzig ist"
Jemand fragte einmal meinen Freung Jaime Cohen: "Was ist eigentlich an den Menschen so witzig?" Cohens Antwort war: "Sie denken immer verkehrt herum: Sie wollen schnell erwachsen werden und sehnen sich später nach der verlorenen Kindheit. Um Geld zu verdienen, setzen sie ihre Gesundheit aufs Speil, und geben später viel Geld aus, um wieder gesund zu werden. Sie denken so sehr an die Zukunft, dass sie die Gegenwart vernachlässigen. Und am Ende erleben sie weder die Gegenwart noch die Zukunft. Sie leben so, als wuerden sie nie sterben und sterben, als hätten sie nie gelebt."

Und nun wünschen wir allen ein gesundes und erlebnisreiches neues Jahr und auch 2008 viel Spass beim Weiterlesen...





Die folgenden Bilder können durch Anklicken vergrössert werden:

Viele Blumen...
...und immer wieder ein See...
Gänse?
Was man nicht alles mit Skiern machen kann...
Wehe dem, der die Ampel nicht lesen kann...
Überwachungszentrum in Pucon...
Aktiver Vulkan Villarica...
Aussicht knapp unterhalb des Vulkans...
Obstverkauf in Chile...
Ab jetzt haben wir wieder einen Neuwagen...
Wir sind die Sieger, zumindestens liest das der Legastheniker so...
Am Pass Peuhenche...
Vorweihnachtliche Abendstimmung im Bus...
Vom Fressen der Illustrierten...
Einer der letzten duetschen Busse, Baujahr 1979...

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